Dies domini – Zweiter Adventssonntag, Lesejahr C
Lässt man die Lesungen des heutigen zweiten Adventssonntages unvoreingenommen auf sich wirken, so scheinen sie dem komfortablen Straßenbau verpflichtet:
„Denn Gott hat befohlen: Senken sollen sich alle hohen Berge und die ewigen Hügel und heben sollen sich die Täler zu ebenem Land, sodass Israel unter der Herrlichkeit Gottes sicher dahinziehen kann.“ (Bar 5,7f.)
So heißt es bei Baruch und das Evangelium setzt gleich noch einen drauf:
„Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen! Jede Schlucht soll aufgefüllt und jeder Berg und Hügel abgetragen werden. Was krumm ist, soll gerade, was uneben ist, soll zum ebenen Weg werden.“ (Lk 3,4f.)
Man bräuchte schon Garten- und Landschaftsbauer vom Format eines Capability Brown, um diese Aufforderungen erfüllen zu können. Allerdings wäre das Ergebnis womöglich ebenso bewunderungswürdig, die Parks von Blenheim Palace und dem Landsitz der Familie Crawley, Highclere Castle alias Downton Abbey sprechen beispielhaft für sich.
Allerdings geht es in den Lesungen ja nicht um eine Augenweide für wohlhabende, englische Aristokraten, sondern um die Wegbereitung für Israel und den Herrn selbst, für den sich der Rufer in der Wüste, Johannes, so wortmächtig einsetzt. Trotzdem kann vielleicht dieser Blick auf die natürliche Umwelt, unsere Städte, Parks und Landschaften uns dabei helfen, den Sinn der Adventszeit für uns umzusetzen: Diese vielfältigen Bezüge wahrzunehmen zwischen den Bewohnern und ihrer Art und Weise, sich ihre Umwelt selbst zu gestalten und uns in demselben Bereich, unsere Mitmenschen, Nachbarn, anderen Verkehrsteilnehmer, aber auch die Natur, die Häuser, die Straßen, die unglaubliche Infrastruktur, die für unsere Lebensweise erforderlich ist, wie ein riesiger Ameisenhaufen. Myriaden von Notwendigkeiten wie in unserem Alltag. Die täglichen Verrichtungen im Haushalt, die Sorge für die Kinder, die Arbeit, die Begegnungen mit Freunden, Sport, Konsum, Fernsehen und andere Medien: überall von morgens früh bis abends spät Anforderungen, Notwendigkeiten, Aufgaben. Wir mittendrin als Erfüllungsgehilfen unserer to-do-Listen.
Vielleicht müssen wir da mal einen Schritt zurücktreten. Um unser Leben einmal als Landschaft wahrzunehmen mit all den andern, die uns auf der Daseinswiese entgegengehöppelt kommen, wie es P. Salmann einmal formuliert hat. Einmal den Blick wagen, wie er uns vielleicht eines Tages im Ganzen gewährt wird. Was soll das eigentlich alles? Ist das eigentlich wichtig, was ich da so treibe? Manches wird sich so erweisen, aber manches zeigt sich bei näherer Betrachtung vielleicht auch als verzichtbar. Vielleicht führt mich dieses Bild zu der Frage, wo ich eine Straße begradigen könnte? Oder eine Abkürzung nehmen kann, vielleicht auch einen Umweg vermeiden? Vielleicht bin ich auch auf einem Podest mitten in einem Kreisverkehr gelandet, hoch über dem Niveau der andern, aber für niemand erreichbar? Oder es geht mir wie unserer Kirche, die zwar merkt, dass sie in einer Sackgasse gelandet ist, aber in welcher und wie geht es wieder raus?
Wir müssen ja nicht gleich mit Spaten und Dampframme alles umgestalten. Aber unser Leben als Landkarte betrachten mit Gewerbegebieten und Urlaubsparadiesen, vielleicht eröffnet das eine neue Perspektive. Das ist ja schließlich das Ziel, dieser Adventszeit und unseres Lebens überhaupt:
„Und alle Menschen werden das Heil Gottes schauen.“ (Lk 3,6)
Hoffen wir, dass wir dazu helfen können, anderen und auch uns selbst.
Katharina Nowak
Author: Katharina Nowak
Katharina Nowak ist Diplom Theologin. Sie studierte in Bonn und arbeitet seit 2009 als theologische Assistentin bei der Katholischen Citykirche Wuppertal.
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